Auf Stoß schweißen - wie geht es richtig?

  • Hallo!

    Ich muß die Unterkante einer Tür erstetzen.
    Am Anschluß an das alte, intakte Blech will ich unbedingt auf Stoß schweißen, also auf keinen Fall
    mit einer Überlappung arbeiten. So weit, so gut. Nur - wie geht es richtig?

    Soll ich so oft punkten, bis dadurch eine "durchgehende" Naht entsteht?
    Soll ich mit etwas Abstand einzelne Schweißpunkte setzen?
    Soll ich mit etwas Abstand kurze Schweißnähte ziehen? (z. B. 1 cm Naht, 1 cm frei...)

    Wie geht es dann weiter? Verzinnen? Spachteln?

    Vielen Dank für Eure Antworten!

    Grüße,

    Oliver

  • Hallo,
    im Prinzip ganz einfach, aber langwierig, vor allem die Schleifarbeiten.

    1. Blech zurechtschneiden, ganz wenig Luft bis gar keine.

    2. Blech in Form bringen, wenn z. B. hohle Form,, sonst musst du nachher strecken oder stauchen in der Fläche, das ist nicht so einfach.

    3. Blech mit möglichst weit auseinander liegenden Punkten anpunkten, schau dass das Blech absolut eben in der Fläche liegt, sonst hast du klarerweise Übergänge nach dem Schleifen. Weiter punkten bis der Punktabstand etwa 1-2 cm beträgt.

    4. Punkte jetzt überlappend punkten, zur Hälfte bzw. zum Drittel überlappen (das ist viel ist aber notwendig), zur Kontrolle schau dir unbedingt die Rückseite an, dass der Spalt am Stoss geschlossen wird.- die Oberseite kann hier etwas täuschen, weil der Schweisspunkt viel größer ist als die Durchschweissung auf der Rückseite.
    Stromstärke und Draht eher am oberen Limit einstellen für optimales Durchschweissen, wenn du brav überlappst dürfte es zu keinen Durchbrennern kommen.

    5. Vorsichtig runterschleifen mit Flex, Bohrmaschine, Dremel, lass dir Zeit, natürlich auch die Rückseite schleifen.

    6. Kontrolle Gegenlicht (wie gesagt lieber die Rückseite anschauen) und Nachpunkten, wiederum verschweissen.

    7. Falls die Rückseite zugänglich ist sollte man jetzt mit einem Faustamboss und Hammer die Naht durchgehend dengeln, das nimmt die Spannung aus dem Blech, welche man ja nicht sieht. Bearbeiten sollte man dabei auch die Wärmeeinflusszone (links und rechts der Naht, wo das Blech blau angelaufen ist)

    8. Wenn alles gut geht, brauchst du sicher k e i n Zinn /Spachtel um die Naht auszufüllen (wegen Korrosion und so). Wenn der ganze Abschnitt und die Übergänge etwas wellig ist, brauchst du aber schon Zinn/Spachtel zum Tiefenausgleich.

    Die Profis ziehen die Naht mit WIG durch, aber um die Schleifarbeit kommst du auch nicht herum, wenn auch weniger als bei MAG.

    Zum Schluss: Wenn das Blech von beiden Seiten zu bearbeiten ist und man gibt sich Mühe, dann sollte nach dem Schleifen die Naht fast unsichtbar sein. Es geht.
    Falls die Rückseite unerreichbar oder schlecht erreichbar. - zumindest abbürsten und versiegeln mit Grundierung oder Lack oder Hohlraumschutz oder Dichtmasse.

    Gerald

  • Hallo Gerald!

    Vielen Dank für Deine ausführliche Antwort!
    Jetzt bin ich ein gutes Stück schlauer. Ich werde erst einmal an versteckter Stelle nach Deiner Anleitung üben.


    Grüße,

    Oliver

  • Super Antwort, nur habe ich noch eine Frage (mache gerade das selbe bei meinem /8):

    Wie lange muß ich dängeln, ohne das sich das Blech verformt, was ist das für Werkzeug das du da beschreibst. Außerdem habe ich beim schleifen immer schiss dass das Blech zu dünn wird, obwohl ich ganz voesichtig schleife. Man kann die dicke ja nicht messen. Bei früheren Versuchen hat sich dann oft ein Riss gebildet, was wohl daran lag das ich nicht gedängelt habe, oder?

    Grüße Flojo/8

  • Hallo,
    o.k. ich hab nicht die ganze Wahrheit geschrieben, brauch ja noch ein As im Ärmel:
    Also wenn man es ganz richtig machen will, dann lässt man beim Schleifen ein paar 1000-tel über und die klopft man dann mit dem Blech eben. Der zusätzliche Materialeintrag in die Fläche nimmt dann die Spannung aus dem Blech. Allerdings wird es dann wirklich zeitintensiv, weil man beim Schleifen irrsinnig aufpassen muss, dass nicht zu wenig oder zuviel übrig bleibt. Deshalb lieber gleich eben schleifen und dann das Blech im Nahtbereich durch dengeln dehnen - also marginal etwas dünner klopfen.

    Wegen der Schlagstärke: Ist schwer zu beschreiben, aber probier mal auf einem Probeblech eine Punktdelle, die du mit der Hammerfinne reingehaut hast, mit Faustamboss und Hammer wieder eben zu kriegen, mit diesem Gefühl solltest du auch die Naht bearbeiten und die Wärmeeinflusszone, cm um cm. Mann sieht ja leider den Erfolg nicht, was die Spannung anbelangt, deshalb schön stückweise klopfen. Sagen wir mal: 16 satte Schläge pro cm, 8 auf der Naht, 4 links verlaufend 4 rechts verlaufend (Angaben ohne Gewähr, weil schwer zu beweisen).

    Wegen Riss: Wenn du Riss schreibst, dann glaub ich es dir auch, aber vielleicht war es gar keiner, sondern nur eine Naht wo die Bleche nicht eben sondern abgewinkelt zueinander waren ?- dann schleift man von beiden Seiten und hat quasi eine Schleifkante mitten in der Naht, die wie ein Riss aussieht.
    Also: Bei ordentlicher Durchschweissung (immer den Nachbar-Punkt mit halber bis Drittel Überlappung wieder aufschmelzen) d a r f kein (gerader) Riss in der Naht sein. - Und: in punkto Durchschweissen zählt nur die Rückseite- die muss d i c h t werden.
    Wenn so eine Schweissstelle reissen sollte, dann höchstens neben der Naht aus dem "weicheren" Blech.

    Wegen Werkzeug: So ein Ausbeul-Set bekommst du billig im Baumarkt mit verschiedenen Hämmern und Ambossen. Billiger China-Guss, reicht aber für unsere Zwecke vollkommen. Ein kleiner Qualitätsamboss aus Werkzeugstahl kostet mehr als das ganze China-Set zusammen. Allerdings sollte man die Ambosse auf dem Schleifband nachbearbeiten, meistens ist nicht mal die Gussnaht ordentlich verschliffen, und vor allem die Hämmer gut auskeilen, sonst kriegt man leicht Kopfweh- oder der Kollege neben dir.

    Wegen Durchschleifen: In der ebenen Fläche unmöglich, man schleift immer zu wenig ab - glaube mir - man sieht sofort, wenn man in die Fläche schleift. Flex natürlich im rechten Winkel zur Naht halten, nicht entlang "schneiden". Das merkst du spätestens wenn du mit dem Schleifpapier drübergehst, dass die Naht meist noch immer erhaben ist. - und das kann man reindengeln.
    Bei unebenen Flächen und 7/10-Blech ist natürlich Vorsicht geboten, da hast du Recht.

    Also: Es dauert ewig lange, aber wenn du mal durch die Punkterei und Schleiferei durch bist, kann das Türblatt fast lackierfertig sein. Denk an die 700 E die du bei MB ablegst.
    Grüsse
    Gerald,
    hoffentlich springt meine Homepage bald an, dann könnt ihr mehr lesen.

  • Hallo Gerald,
    ein gutes Thema wurde hier aufgegriffen.
    Ich habe vor langer Zeit mal einen Dünnblechschweißlehrgang gemacht. Da wurde mir gesagt (soweit ich mich noch erinnern kann) man solle nicht mit dem Hammer auf die Schweißnaht hauen. Als Grund wurde angeführt, daß das Geschweißte hart und spröde ist und die Stauchung mit dem Hammer die Eigenschaft noch verstärkt. Habe ich da etwas falsch verstanden, oder gibt es da vielleicht neue Erkenntnisse? Damals ging aber in der Hauptsache um Autogenschweißen.
    Mit dem Dengeln neben der Schweißnaht muß man auch sehr vorsichtig sein und kräftig üben. Dengelt bzw. streckt man das Blech zuviel, dann kommt es zum berühmten "Frosch" und den versuch mal wieder wegzubekommen.

    Grüße,

    Andi

  • Hallo Andi,

    es stimmt sicherlich, dass Stahlblech, wenn es kaltgeschmiedet wird, hart wird, weil das Gefüge ausgerichtet wird und die Stelle dann versprödet- auch das quasi unlegierte Feinblech. Deshalb sollte man bei mehreren Arbeitsschritten das Material auch wieder weichglühen.
    Beim MAG kommt noch dazu, dass der Schweisszusatz, also der Draht, besser legiert ist als das weiche Feinblech (Tiefziehblech)- also unterschiedliche Materialien zusammen kommen(Das merkt man, wenn man den Draht mit einem Seitenschneider abzwickt, bzw. er federt auch mehr als ein Feinblech-Material.)Aber das Zusatzmaterial ist bei weitem nicht so hart, dass man es nicht ein wenig verformen dürfte.

    In unserem Fall liegt die Gefahr für Rissbildung aber wo anders:
    Wenn man zuviel Luft lässt beim Einschweissen, dann treten durch die Temperaturänderungen Zugspannungen in Richtung Schweissnaht auf.
    Wenn das Blech nachgeben kann, wird es wohl nicht so arg sein.
    Aber auch bei einer Längsnaht, wo beide Blechteile zur Mitte hin nachgeben können hat man diesen Effekt, wenn man überlegt, dass die Bleche schon mal mit ein paar Punkten in Position gebracht worden sind und dann dazwischen weiterpunktet, dann zieht natürlich jeder frische Punkt mit neuer Kraft gegen die bereits abgekühlten Punkte. Extremfall ist natürlich eine Reparaturstelle mitten in einer Fläche - da hat man dann Zugspannungen in alle Richtungen.
    Deshalb: So wenig Luftspalt wie möglich lassen- das verhindert nebenbei auch Durchbrenner und man kann mit höherem Strom arbeiten.
    Also ich glaube, dass durch die paar Schläge die entstehende Verhärtung vernachlässigt werden kann, aber die Spannung sehr gut aus dem Blech genommen wird- zumindest verteilt wird. Wenn man sich die Verformungsarbeit beim Tiefziehen von manchen Karosserieteilen ansieht, dann sind die paar Schläge nicht der Rede wert.

    Für perfekte (im Sinne von unsichtbar) Schweissnähte mit MAG braucht man an sich nicht viel mehr KnowHow, als das bisher beschriebene(ist eh schon kompliziert genug).
    Viel wichtiger ist, dass man das Ergebnis vor Augen hat und mit viel Zeit und Geduld hinarbeitet.
    Der Aufwand lohnt sich erst so richtig bei einer Oltimer-Restauration. Wenn man eine Karre nur mal durch die Überprüfung bringen will, genügen natürlich ein paar Schweisspunkte und noch mal so viel Spachtel.

    Ich hab auch lange Zeit gedacht, dass man unbedingt WIG oder Autogen dazu braucht.- ist aber nicht notwendig. Es gibt sehr gute Oldtimer-Seiten, die das Gegenteil beweisen. Manche Amerikaner sind da ware Blechkünstler, die machen dir ein komplettes Replica aus ein paar Quadratmetern Feinblech.

    Gerald


  • >Es gibt sehr gute Oldtimer-Seiten, die das Gegenteil beweisen.

    Kannst Du einige der Links zwecks Anschauung vielleicht hier publizieren?

    Nochmals vielen Dank für Deine Mühe!

    Grüße,

    Oliver

  • Gerald, danke für Deine Ausführungen. Man merkt, daß Du Dich mit der Materie auseinander setzt. Da bei mir z.Z. eine Karosserie mit umfangreichen Blecharbeiten in Arbeit ist, werde ich Deinen Anweisungen Folge leisten und die Reparaturstellen, soweit es möglich bzw. sinnvoll ist, mal auf Stoß schweißen. Einen Versuch ist es auf jeden Fall wert.

    Gruß,

    Andi

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