Hallo zusammen,
da es hier so ruhig ist, schreibe ich mal meine Erfahrungen bei der Hohlraumversiegelung mit verschiedenen Materialien nieder.
Ich durfte in der Werkstatt eines Freundes (danke Marcus!) sowohl das Golf 4 Cabrio meiner Frau als auch meinen MX-5 NB gegen Rost wappnen. Durch großflächiges Abdecken des Bodens mit Gewebeplane und Malervlies ist die Freundschaft auch erhalten geblieben
Der Golf ist ab Werk erstklassig gegen Rost geschützt worden, da gibt es auch nach 11 Jahren nix zu meckern, Rostansätze habe ich auch mit dem Endoskop keine entdeckt. Damit der Zustand so bleibt wurde einmal komplett mit Waxoyl und Teroson HV200 aufgefrischt.
Der MX-5 hat ab Werk keinerlei Hohlraumbehandlung mitbekommen und deshalb an 3 arttypischen Stellen (Konstruktionsfehler) demnächst Handlungsbedarf (Konstrukteure die dumm wie 6 Meter Feldweg sind und kein Hohlraumschutz ist eine tolle Kombi...:(). Letztes Jahr hatte ich ihn mit Fluid-Film-A geflutet, dieses Jahr kam neben Mike Sanders auch wieder HV200 zum Einsatz.
Ich hatte vor 15 Jahren mal meine Druckbecherpistole an Bekannte verliehen, die damit Mike Sanders verarbeitet haben. Als ich sie wieder bekam, war der Boden des Druckbechers, der original wie eine Sektflasche eine Wölbung nach innen hat, kugelrund nach außen gedrückt. Als ich an 120°C heißes Fett dachte, das da gerade so eben jemandem nicht ins Gesicht geflogen ist, wurde mir anders und ich hatte erstmal keine Lust mehr auf das Mittelchen. Ich neige dazu Sachen genau vorzubereiten, also war diesmal neben neuer Sonde und neuem Druckbecher auch eine komplette Schutzausrüstung mit Gesichtsvisir, Lederhandschuhen und dickem Sweatshirt am Start. Auf einem alten Zweiplattenkocher wurden alle Mittelchen in einem passenden kleinen Topf erhitzt, wobei die Temperatur mit einem Küchenthermometer (Korrosionsschutzdepot) kontrolliert wurde.
Schauen wir uns die Erfahrungen mal nach Mittel sortiert an.
Waxoyl:
ist im Prinzip Vaseline / Wachs wie MS nur in Lösungsmittel gelöst. Verwendet wird "white spirit", was nach Wiki alles zwischen Testbenzin und Terpentinersatz bedeutet. Für die Verarbeitung in der Druckbecherpistole soll es mit 20% "Testbenzin" verdünnt werden, was nach meinen Erfahrungen aus anderen Bereichen die beobachteten Risse in der Beschichtung hervorufen dürfte.
Ich habe mich für einen anderen Weg entschieden und das Mittel erwärmt. Die erste Charge hatte ich zusätzlich mit 5-10% FF-A verdünnt, was sehr gut funktionierte aber nicht unbedingt nötig war. Ab 40° ist das Mittel sehr flüssig, bis 70°C (einmal nicht genau hingeschaut) extrem flüssig und entsprechend sehr gut zu verarbeiten.
Das Mittel tropfte nach der Behandlung auf der Hebebühne sehr lange nach, kroch also vermutlich auch gut.
Bei einem Test mit einem Marmeladeglas in der Sonne zeigte sich eine gleichmäßige Schicht innen am Glas, die auch nicht abrutsch.
Später bei abgestelltem Fahrzeug in der Sonne gab es kaum Läufer oder Tropfen.
+ gut zu verarbeiten, wenn moderat erhitzt
+ nebelt gut
+ läuft lange nach
+ sehr niedriger Preis (5 Liter 38€)
- Der Wagen riecht recht lange nach Lösungsmitteln
Mike Sanders:
wie gesagt hatte ich da doch ziemliche Manschetten vor. Aber mit Erfahrung und einigen Tricks wie dem konsequenten Leersprühen der Sonde nach jeder Becherladung war es doch recht problemlos zu verarbeiten.
Was auffällt, unter 90°C ist das Material recht dickflüssig, ich bin in der Regel auf 110/120°C gegangen. Bedingt durch den hohen Schmelzpunkt tropfte MS maximal 2 Minuten nach. Danach war der Kram fest. Was da kriechen soll ist mir ein Rätsel, auch in der Sonne wird es in einem Unterbodenhohlraum kaum die erforderlichen 80°C haben. Aber es soll ja wirken, vielleicht aber auch einfach durch die schiere Menge des in den Hohlräumen verbleibenden Mittels. Schließlich tropft es nicht so lange, also bleibt mehr "drin". Bei Spalten und aufgedoppelten Blechen habe ich so meine Bedenken, ob das Mittel hier hereingezogen werden kann (Kapilarwirkung) bevor es erstarrt. Gerade diese Spalten und Aufdoppelungen sind ja die kritischen Karosseriestellen.
+ wenn man seine Hausaufgaben macht, gut zu verarbeiten
+ der Wagen riecht nicht nach Lösungsmitteln (nicht zu unterschätzen!)
+ 48€ für 4kg sind ok
+ ordentlicher Sprühnebel (es macht ja nicht die Menge...)
- erstarrt sehr schnell und hat einen sehr hohen Schmelzpunkt
- mit Brille plus dem nötigen Kunststoffvisir (auf dem sich das Fett natürlich absetzt) habe ich Schwierigkeiten die Arbeit sofort zu bewerten
Teroson HV200:
ihr könnt googlen bis der Arzt kommt, der Kanister war 20 Jahre alt und das Mittel gibt es so nicht mehr. Ist wohl der Vorgänger des HV400 und damit ein "normales" Hohlraumwachs. Bei mir waren nach 5 Litern Waxoyl im Golf und 4kg MS im MX-5 noch einige Hohlräume "übrig", die ich dann einfach mit diesem Mittel behandelt habe (muss ja mal weg). Da ich zu strategischer Planung neige hatte ich das vorhergesehen und nach Papierlage (Hohlraumwachs = tropft nicht) die Türen und Hauben damit behandelt.
Die 2 Liter Restwachs im 5 Liter Kanister machten erstmal keinen so flüssigen Eindruck, was ein Bad des Kanisters in heißem Wasser aus der Leitung aber ganz schnell behob. Da sich nach 20 Jahren etwas Lösungsmittel verflüchtigen darf, kamen auch hier 5-10% FF-A als "Universalverdünner" zum Einsatz. Auch dieses Mittel wurde auf 40° - 90° (da waren einmal ein paar MS Flocken im Topf verblieben die sich vorher nicht auflösten) erhitzt. Das Mittel ließ sich sehr gut verarbeiten. Zu meiner Überraschung ist es entgegen den theoretischen Erwartungen von den dreien das aktivste, tropfte lange nach und auf "fest werden" warte ich bisher vergebens. Im Moment scheint die Sonne, also putze ich ständig die Läufer von Karosserie und Boden. Leider hat das Mittel auch schon einen Weg in die Kennzeichenleuchten gefunden - dagegen ist MS wie Beton.
+ gut zu verarbeiten
+ läuft lange nach und dürfte so auch gut in Spalten kriechen
+ ordentlicher Sprühnebel, durch die braune Färbung aber eine "gefühlte" echte Sauerei
+ wird schon bei moderater Erwärmung durch die Sonne wieder flüssig was...
- ...zu einer ziemlichen Sauerei ausarten kann
- riecht stark nach Lösungsmitteln
Unterm Strich waren die Erfahrungen nicht ohne Überraschungen.
MS entpuppte sich als einfacher zu verarbeiten als gedacht. Der (fehlende) Geruch nach Lösungsmitteln ist ein nicht zu verachtendes Argument. Ich hoffe das sich die Langzeiterfahrungen aus Tests bewahrheiten und das Mittel gut wirkt. Ob es in alle Ritzen kommt wage ich ernsthaft zu bezweifeln, dafür liegt der Schmelzpunkt zu hoch und damit die Zeit für Kapilarwirkung zu niedig. Eine erste Behandlung mit FF-A kann das ev. ausgleichen, was aber 2x Sauerei bedeutet.
HV200 war die Überraschung. Das es so lange kriecht hätte ich nicht gedacht. Das hier nur die moderate Verdünnung mit (maximal) 10% FF-A dran Schuld sein soll, glaube ich nicht. Wenn man es wie ich in Hauben und Türen benutzt, ist es eine echte Sauerei.
Waxoyl ist für mich ein sehr guter Kompromiss. Es besteht laut angelsächsischer Foren aus ähnlichen Fetten wie MS (wird dort auch mit Bienenwachs und Vaseline nachgebaut), muss aber durch die Lösungsmitten nicht oder nicht so stark erhitzt werden. Ich würde erhitzen empfehlen und dadurch die Zugabe von zusätzlichen Lösungsmitteln unbedingt vermeiden.
Was ich das nächste mal verwende? Ich habe irgendwo noch 4kg MS und 2 Liter "übliches" Hohlraumwachs im Schrank. Die werden wohl in meinem Kangoo verarbeitet, dann gehen mir aber erstmal die Autos aus
Ob ich beim nächsten Wagen Waxoyl oder MS nehme, kann ich mir noch einige Zeit überlegen.
Grüße
Wolf